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Ausgabe 18

Das türkische Kino muss auf eine aufregende Gegenwart reagieren: Nejla Demircis Doku „The Decree“ löste in Antalya einen Zensurfall aus und führte zur Absage des wichtigsten türkischen Filmfestivals – Demircis Film folgt beispielhaft zwei von 120.000 (!) entlassenen Staatsbediensteten. Imre Azem dreht „Hatay Eylül 1-11 2023“ in der Gegend rund um Antakya – über 50.00 Menschenleben forderte am 6. Februar 2023 das Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet, allein in der Türkei lebten zeitweise 1,9 Millionen Menschen in Notunterkünften. Im türkischen Osten beginnt auch „Translating Ulysses“, dort geht Kawa Nemir heldenhaft daran, den tausendseitigen „Ulysses“ ins Kurdische zu übersetzen – und erlebt selbst eine wahre Odyssee, die ihn bis nach Amsterdam führt. Dass das Private politisch ist, belegt auch die Doku „Blue ID“: Ein Transmann, vormals eine populäre Schauspielerin, wird „geleakt“ und sieht sich einer homophoben Öffentlichkeit gegenüber. Im Spielfilm sucht die Jugend nach neuen Perspektiven: auf dem Land – „Neandria“ – und in der Metropole Istanbul – „Almost Entirely a Slight Deasaster“. Junge türkische Neu-Einwanderer in Berlin zeigt Alpgiray Ugurlus „Behind Open Doors“: In der Heimat hält sie nicht mehr viel und in Deutschland noch nichts. Deutsch-türkische Einblicke gibt es noch weitere: In Melissa Önels „Suddenly“ lässt eine Rückkehrerin aus Hamburg ihr altes Leben hinter sich. Mit dem Klassiker „In der Fremde“ wirft der iranische Exilregisseur Sohrab Shahid-Saless 1975 einen nüchternen Blick auf Arbeitsmigration und soziale Ausgrenzung. Abschließend führt uns Nuri Bilge Ceylans „About Dry Grasses“ tief hinein in die anatolische Provinz, in abgründige Seelen, in atemberaubende Schneelandschaften.

Team

Amin Farzanefar, Programmkurator

Lale Konuk, Projektleitung und Presse

Joachim Steinigeweg, Verwaltung

Joachim Sperl (freie Mitarbeit), Grafische Konzeption und Gestaltung (Print und Web)

Seit 2006 präsentiert die Filmreihe „Tüpisch Türkisch“ dem Kölner Publikum unterschiedlichste Facetten des Türkischen Kinos. Im Laufe der Jahre haben sich dabei einige Sonderausgaben ergeben – etwa zu Istanbul als Europäischer Kulturhauptstadt des Jahres 2010 oder zum 50. Jahrestag des Anwerbeabkommens mit der Türkei. Die Unruhen rund um den Gezipark standen im Zentrum der Ausgabe 2013. Eine Auskoppelung war im November 2015 die große Retrospektive „Children of Hayastan“ zum 100. Jahrestag des Völkermordes an den Armeniern.

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